….mit Trennscheibe zur Verhinderung spontaner Fütterungen
Am 14.2. geht es mit Romantik am Valentinstag zum dritten Prozesstag ums Füttern bei einer Ankettaktion gegen einen Urantransport im Jahr 2014. Beim vergangenen zweiten Prozesstag aufgerüstet: Der Saal war diesmal größer und hatte eine Trennscheibe, wohl ein Saal für risikoreiche Verhandlungen, zum Beispiel wenn es darum geht, einer Atomkraftgegnerin das Versorgen von angeketteten Personen nachzuweisen. Publikum und Verteidigung nahmen die Trennscheibe also amüsiert zur Kenntnis.
Die Sitzung begann stürmisch.
Angeklagte und Verteidigung durften keine Anträge verlesen, auch keine zur Wiedererlangung von Arbeitsmaterial, was in der Kontrolle hängen geblieben war. Sogar eine Pause zum Formulieren eines Befangenheitsantrags wurde nicht gewährt, sondern auf später verschoben. Die Richterin holte die erste Zeugin hinein – die Person die angekettet gewesen sein soll und deren Verfahren auf Grund anderer laufender Verfahren eingestellt wurde. Die Person erschien mit einem selbst gewählten Zeugenbeistand (nach §238 III Strafprozessordnung können wir uns auch in solchen Situationen gegenseitig unterstützen) und verweigerte die Aussage, woraufhin sie wieder gehen durfte. (Der Einstellungsgrund bei dem Verfahren ist nicht zwangsläufig endgültig und weil das Verfahren wieder aufgenommen werden könnte, besteht weiterhin ein Aussageverweigerungsrecht.)
Nachdem das vorbei war, konnten Angeklagte und Verteidigung endlich Anträge vorlesen und vor allem erreichen, dass der Laptop der Angeklagten mit wichtigem Verteidigungsmaterial (z.B. der elektronisch digitalisierten durchsuchbaren Akte), der in der Kontrolle hängen geblieben war, den Weg in den Saal fand. Bis zur Mittagspause war das Büro im Saal mit drei Rechnern und Drucker wieder komplett – nach der Mittagspause hatte der Laptop erneut eine Zwangspause in den Eingangskontrollen.
Hauptsächlich wurden dann noch zwei Zeugen vernommen, zunächst der Hauptbelastungszeuge der Polizeibeamte Gnauck. Der konnte sich nur sehr rudimentär erinnern, an eine Flasche, welche die Angeklagte gereicht haben soll, nicht aber an Farbe oder Form oder wo er dabei gestanden habe, als er das gesehen hätte. Darüber hinaus hält er es aber auch für völlig unbedenklich und nicht strafbar, Angeketteten irgend etwas zu trinken zu geben, denn das brauchen sie um nicht zu dehydrieren. Von Atomtransporten, Gefahren und Notfallpläne hatte der Wasserschutzpolizist keine Ahnung.
Die Vernehmung des Zeugen von der HPA brachte zu Tage: Auch dort keine Ahnung von Notfallplänen. „Die stehen hinter den angebrachten UN-Nummern“ war eine Aussage des Zeugen, also mal eben zum Waggon gehen, wenn der brennt? Sonst wusste der Zeuge wenig zu berichten: Der Uranzug sei nicht verspätet worden, lediglich Züge auf den anderen Gleisen, auf denen aber keine Demonstrant*innen waren. Die Gleise seien zum Schutz der Einsatzkräfte gesperrt gewesen. Das spannendste waren vielleicht die Auswüchse des Kapitalismus: Jeweils zu einem anderen Unternehmen gehören die Gleise, die Waggons, die Lok, die Container und der Lokführer.
Am Ende verlas die Richterin noch einen Aktionsbericht und drei Aussagen von erstinstanzlich vernommenen Polizist*innen, die sie aber nicht mehr hören wollte – vermutlich damit sich die Aussagen nicht widersprechen können.
Weiter geht es am Do, 14.2. 10.30 Uhr im Landgericht Hamburg am Valentinstag. Das Gericht freut sich über ein bisschen Romantik im grauen Gebäude: Bringt also Glitzer, Blumen, Parfum oder was euch sonst noch so einfällt gerne zum nächten Prozess mit!