Cécile Lecomte stand nicht zum ersten mal wegen Kletteraktionen an Bahnanlagen gegen Atomtransporte oder gegen Naziaufmärsche in Potsdam vor Gericht. Rechtskräftig wurden die Urteile von Richterin am Amtsgericht Potsdam Ahle nie. In  der Vergangenheit wurden bereits 4 Bußgelder durch das OLG kassiert. Eine inhaltliche Entscheidung traf das OLG allerdings nie. Es stellte wie im jüngsten Beschluss einfach die Verfahren ein.

Für Cécile Lecomte ist der jüngste Beschluss ein großer Erfolg, nachdem sie im Herbst 2017 bereits ihre Klage gegen die Polizei, die sie in Gewahrsam genommen hatte, gewonnen hatte.
Das OLG Celle hatte ihre Ingewahrsamnahme nach der Kletteraktion für rechtswidrig erklärt. Cécile Lecomte strebt nun eine Amtsanhaftungsklage vor dem Landgericht Lüneburg an, um ihren Anspruch auf Schmerzensgeld für die unrechtmäßige Freiheitsentziehung geltend zu machen.

Cécile Lecomte bedauert jedoch, dass durch das brandenburgische Oberlandesgericht keine inhaltliche Entscheidung getroffen wurde. Sie hatte in ihrer Rechtsbeschwerde unter anderem gerügt, dass die Aktion vor dem Amtsgericht Potsdam weit weg von ihrem Wohnort (Lüneburg) und vom Tatort aufgrund der Zuständigkeit der Bundespolizei als Bußgeldbehörde verhandelt wurde und somit der Zugang zum Gericht erschwert werde. Betroffenen würden wegen dem Kostenrisiko eines Verfahrens weit weg von ihrem Wohnort regelmäßig auf einen Einspruch gegen Bußgeldbescheide verzichten. Dadurch sei ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

„Diese Frage hätte ich gerne bis vor dem Bundesverfassungsgericht getragen. Genauso wie die Frage, wie der Luftraum oberhalb einer Bahnanlage einzuordnen ist, ob man gegen die Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung verstoßen kann, ohne die Bahnanlage zu betreten. Ob da nicht die Rechtsgüterabwägung zugunsten der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG zu erfolgen hat“ erläutert  Lecomte.

Die Einstellung des Verfahrens bedeutet, dass die juristische Auseinandersetzung um die Strafbarkeit der Kletteraktion beendet ist. „ Das finde ich natürlich gut. Ich habe somit mehr Zeit für das eigentliche politische Thema, das mich bewegt: Die Kampagne gegen Atomtransporte durch Hamburg und anderswo. Das ist nämlich kein Atomausstieg wenn über Hamburg Atomfabriken mit Uran zur Fertigung von Brennelementen für Atomkraftwerke in aller Welt, versorgt werden“ so Lecomte.

Und der Protest zeigt Wirkung: Der Hamburger Senat bewegt sich. Er verkündete im April 2018 den freiwilligen Verzicht zweier Hafenbetriebe (Happag Lyord und HHLA) auf Kernbrennstofftransporte. Die Ankündigung werten Atomkraftgegner*innen jedoch als PR-Maßnahme. Faktisch wird auf nur wenige Atomtransporte verzichtet, wie Contratom und Robin Wood in Pressemitteilungen in den vergangenen Wochen mitteilten.

Weitere Informationen

  • Berichte über die Kletteraktion in Buchholz im April 2016

Bildergalerie
Video von Graswurzel.tv
Aktionsbericht und PM von ROBIN WOOD zur Aktion

  • Aufgehobene Urteile von Richterin Ahle

Aufgehobenes Urteil nach Kletteraktion gegen Castortransport bei Lüneburg im Jahr 2008

Aufgehobene Bußgelder nach Kletteraktionen gegen Castortransporte 2008 und gegen einen Naziaufmarsch 2009

  • Prozessberichte

Beschluss vom OLG Celle zum rechtswidrigen Gewahrsam
Beschluss vom OLG Brandenburg zur Einstellung des Bußgeldverfahrens
1. Prozesstag
2. Prozesstag
3. Prozesstag
4. Prozesstag mit Urteilsverkündung